Maximilian Schimmel

Gelber Sack oder gelbe Tonne im Landkreis Darmstadt-Dieburg?

Was sind die Vor- und Nachteile der jeweiligen Systeme? Wer würde die Einführung der gelben Tonne bezahlen und wie ist der aktuelle Sachstand?  

Im gelben Sack oder der gelben Tonne werden Verkaufsverpackungen aus beliebigen Materialien (zum Beispiel Kunststoff, Metall, Verbundstoffe), die beim privaten Endverbraucher anfallen, getrennt vom übrigen Hausmüll (Restmüll) gesammelt. Organisiert werden die Einsammlung sowie die weitere Sortierung und Verwertung durch die sogenannten „dualen Systeme“. Die Entscheidung darüber, ob in einer Kommune gelbe Säcke oder gelbe Tonnen verwendet werden, liegt nicht allein beim Landkreis oder den Städten und Gemeinden, sondern erfolgt in Abstimmung zwischen den öffentlich-rechtlichen Entscheidungsträgern (hier im Landkreis dem Zweckverband Abfall- und Wertstoffeinsammlung (ZAW)) mit den „dualen Systemen“. Daher gibt es bundesweit verschiedene Sammelsystem-Strukturen.

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Im Landkreis Darmstadt-Dieburg haben die Gremien des ZAW 2020 erneut festgelegt, dass die Einsammlung von Verkaufsverpackungen in der seit 1991 im Landkreis etablierten zweiwöchentlichen Sacksammlung erfolgen soll. Eine Änderung des bestehenden Systems wäre frühestens zum 1. Januar 2025 möglich. Bis zu diesem Zeitpunkt gelten die aktuellen Verträge der beauftragten Entsorger. 

Lutz Köhler spricht sich für die Beibehaltung des bisherigen Entsorgungssystems aus

Der Vorstandsvorsitzende des ZAW, Erster Kreisbeigeordneter Lutz Köhler, spricht sich auch für den nächsten Ausschreibungszeitraum für die Beibehaltung des bisherigen Entsorgungssystems aus. Auch wenn die Frage, welches System besser ist, nicht eindeutig beantwortet werden kann, gibt es zahlreiche Vorteile, die für den gelben Sack sprechen. 

So handelt es sich bei dem gelben Sack um ein im Landkreis etabliertes Sammelsystem, das allen Nutzerinnen und Nutzern bekannt ist. Bei einer Neueinführung der gelben Tonne könnte es in verschiedenen Bereichen der Kommunen und Einwohnerschaft zu Akzeptanzproblemen kommen. Weiterhin sind derzeit in allen Haushalten Lagermöglichkeiten für gelbe Säcke vorhanden und es ist kein zusätzlicher Platzbedarf für mindestens eine weitere 240-Liter-Tonne pro Haushalt notwendig. In dichtbebauten Innerortslagen und Mehrfamilienhausbebauungen könnte es bei der Einführung gelber Tonnen zu Stellplatz- und Verkehrsproblemen kommen.

Größter Vorteil der gelben Säcke für die Einwohnerinnen und Einwohner ist ihre Flexibilität bezüglich Mengenanfall. Jede und jeder kann so viele Säcke verwenden, wie für die Entsorgung der Verpackungsabfälle benötigt werden. Bei der gelben Tonne ist das Volumen hingegen beschränkt; es passt nur der Inhalt von circa zweieinhalb gelben Säcken hinein. Einer falschen Befüllung mit anderen Abfällen sind beim gelben Sack durch die eingeschränkte Reißfestigkeit und Transparenz ebenfalls Grenzen gesetzt. Deshalb ist die Sammelqualität beim gelben Sack insgesamt besser als bei der gelben Tonne. Zusammengefasst sind die flexible Handhabung, eine geringere Fehlbefüllung und die platzsparende Lagerung die wichtigsten Vorteile der gelben Säcke.

Zu den Vorteilen der gelben Tonne zählt, dass sie Witterungen besser standhält. Wind und Sturm können immer wieder dazu führen, dass sich die Säcke und der Inhalt auf den Straßen verteilen. Werden Tonnen aufgestellt, wird so das Stadtbild verbessert. Darüber hinaus schützt die gelbe Tonne den Inhalt besser vor Tierfraß oder dem Aufreißen durch scharfe Gegenstände. Dazu kann in ihr Plastikmüll weitgehend geruchsneutral gelagert werden.

Bezüglich der Frage der Nachhaltigkeit sind laut Berechnungen des ZAW die Säcke den Tonnen überlegen. Auch wenn das Kunststoffmaterial zur Herstellung von gelben Säcken bzw. gelben Tonnen unterschiedlich ist, wären erst nach neun Jahren von einem Haushalt so viele Säcke verbraucht, wie eine gelbe Tonne wiegt. Dies entspricht etwa dem Abschreibungszeitrum von Abfallgefäßen.

Aktuell stehen die Systembetreiber der Einführung gelber Tonnen eher kritisch gegenüber, da hierdurch, wenn nicht an anderer Stelle wie z. B. bei der Abfuhrfrequenz der Aufwand reduziert wird, erhebliche Mehrkosten zu tragen sind. Vor diesem Hintergrund klagen derzeit Systembetreiber gegen den Sofortvollzug. Dies führt zunächst zu einer Verzögerung der Einführung und beinhaltet ein Prozess- und Kostenrisiko für die öffentlich-rechtlichen Entsorger.

100.000 gelbe Tonnen kosten ca. 3,5 Millionen Euro

Die Kosten für die Anschaffung und Verteilung von ca. 100.000 gelben Tonnen im Landkreis Darmstadt-Dieburg würden bei ca. 3,5 Millionen Euro liegen, die nicht aus dem Gebührenaufkommen finanziert werden könnten. Soweit eine Refinanzierung über die Verpackungssystembetreiber nicht realisierbar wäre, müssten die Kosten dann über eine Umlage von den ZAW-Verbandsmitgliedern, den Städten und Gemeinden, finanziert werden. Die höheren Investitionen für gelbe Tonnen sind auch vor dem Hintergrund einer nur jeweils dreijährigen Vertragslaufzeit als problematisch anzusehen. Bei einer Entscheidung für die gelbe Tonne ist davon auszugehen, dass eine zweiwöchentliche Abfuhr aufgrund der höheren Anschaffungskosten gegenüber den dualen Systemen nicht durchsetzbar wäre. Der Abholturnus würde dann vermutlich bei vier Wochen liegen, wie er früher in den Wintermonaten schon war. Das würde bedeuten, dass unsere Haushalte nur den Umfang von zweieinhalb gelben Säcken pro Monat (!) entsorgen könnten. Auch eine unterschiedliche Verwendung von Kommune zu Kommune (gelber Sack oder gelbe Tonne) wird von den dualen Systemen aus Kostengründen nicht befürwortet.